Stand: November 2021

I. Worum geht es?

Bereits im Grundgesetz findet sich die klare Festlegung, dass Medien keiner staatlichen Zensur unterliegen (Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG). Dies ist für aufgeklärte und freiheitliche Gesellschaften eine Selbstverständlichkeit. Wenn nun aber eine staatliche Präventivkontrolle unzulässig ist, gleichzeitig jedoch die Presse- und Informationsfreiheit unter anderem durch die Belange des Jugendschutzes begrenzt werden (Art. 5 Abs. 2 GG), bedarf es eines Instruments, solche Inhalte bereits vor der Veröffentlichung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, die für Kinder und Jugendliche möglicherweise schädlich oder doch jedenfalls ungeeignet sind. Dieses Instrument sind die Jugendschutzbeauftragten, die als weitgehend unabhängige Selbstregulierungsinstanz dem Anbieter bzw. Rundfunkveranstalter nicht nur bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben behilflich sind, indem sie Fragen zur jugendmedienschutzrechtlichen (Un-) Zulässigkeit von Programmen und Inhalten beantworten. Ihre frühzeitige Einbindung in die Entscheidungsprozesse ist zudem auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, kann ihr Rat doch folgenschwere Fehlinvestitionen verhindern bzw. frühzeitig auf notwendige Nacharbeiten (Herstellung von Schnittfassungen für das Fernsehen, Einsatz von technischen Mitteln und Altersverifikationssystemen im Internet) aufmerksam machen.

II. Was bedeutet das für die Praxis?

Wer muss Jugendschutzbeauftragte bestellen?

Geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, müssen gemäß § 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) einen Jugendschutzbeauftragten oder eine Jugendschutzbeauftragte bestellen. Werden Internetinhalte also in einem rein privaten Rahmen angeboten oder besteht nicht die Gefahr, dass die Website Material enthält, das für Minderjährige problematisch sein könnte, werden keine Jugendschutzbeauftragten benötigt. Neben den eigentlichen Inhalteanbietern brauchen auch Hostprovider Jugendschutzbeauftragte, ebenso Anbieter von Suchmaschinen. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) fordert das – ohne Begründung – übrigens auch für Accessprovider.

Welche Aufgaben haben Jugendschutzbeauftragte?

Jugendschutzbeauftragte haben eine Doppelfunktion:

Im Außenverhältnis beraten sie Nutzerinnen und Nutzer sowie Eltern und nehmen Hinweise auf jugendgefährdende Inhalte entgegen, um sie an den jeweiligen Anbieter oder ggf. andere Ansprechpersonen weiterzuleiten. Die Beratung von Erziehungsberechtigten beschränkt sich auf allgemeine Hinweise wie beispielsweise den Einsatz von Jugendschutzprogrammen. Teil der Beratung können auch kurze rechtliche Erläuterungen zur Zulässigkeit bestimmter Angebotsteile sein, wenn Nutzende hiernach fragen. Jugendschutzbeauftragte sind auch Ansprechpersonen für die Aufsichtsbehörden und die Einrichtungen der Freiwillige Selbstkontrolle.

Im Innenverhältnis sollen Jugendschutzbeauftragte die Fähigkeit besitzen, flexibel auf unterschiedliche Gefährdungspotenziale einzugehen und dem Anbieter umfassend und individuell die richtige Hilfestellung zu geben. Sie können beispielsweise präventiv auf die Gestaltung der Inhalte Einfluss nehmen und auf die Kennzeichnung für ein Jugendschutzprogramm oder die Implementierung eines AVS hinwirken. Neben rechtlichen Aspekten erstreckt sich die Beratungsfunktion zudem auf medienpädagogische und entwicklungspsychologische Themen.

Mit Inkrafttreten des neuen Jugendschutzgesetzes (JuSchG) im Mai 2021 ist ein weiterer Aufgabenbereich für Jugendschutzbeauftragte hinzugekommen: Laut § 14a JuSchG dürfen diese nun auch Alterseinstufungen für Inhalte auf Film- und Spielplattformen vornehmen. Voraussetzung für diese Tätigkeit ist eine Zertifizierung durch eine freiwillige Selbstkontrolleinrichtung. Diese Zertifizierung erhalten Jugendschutzbeauftragte durch die Teilnahme an fachspezifischen Kursen und Veranstaltungen, wie sie beispielsweise von der FSM angeboten werden.

Welche Qualifikation müssen Jugendschutzbeauftragte haben?

Das Berufsbild „Jugendschutzbeauftragter“/„Jugendschutzbeauftragte“ gibt es nicht. Notwendig ist jedenfalls ein ausreichendes Querschnittswissen in den potenziell betroffenen Disziplinen (Pädagogik, Medienwirkungsforschung, Sozial- und Rechtswissenschaften, Journalistik). Jugendschutzbeauftragte müssen in der Lage sein, die maßgeblichen Bestimmungen aus StGB, JMStV und JuSchG sachgerecht anzuwenden. Auch ein gewisses technisches Verständnis und ein Überblick über die betriebsinternen Abläufe sind notwendig. Jugendschutzbeauftragte können sowohl Mitarbeitende des Anbieters als auch externe Dienstleister sein. Von der Tätigkeit ausgeschlossen sind jedoch Unternehmensinhaber und -inhaberinnen bzw. Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen. Eine juristische Ausbildung oder gar die Zulassung als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin sind nicht erforderlich.

In der Praxis ist es dagegen nicht selten so, dass Anbieter Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen als Jugendschutzbeauftragte in ihrer Anbieterkennzeichnung (Impressum) aufführen, welche lediglich als „Feigenblatt“ dienen und kaum jemals konkret beratend tätig werden. Ist dies im Einzelfall nachweisbar, erfüllt der Anbieter seine gesetzlichen Pflichten nicht und handelt ordnungswidrig.

Wann kann eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die Aufgabe der Jugendschutzbeauftragten übernehmen?

Kleine Anbieter (weniger als 50 Mitarbeiter, weniger als zehn Millionen monatliche Visits) können eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle wie die FSM mit den Aufgaben der Jugendschutzbeauftragten betrauen. Der Anbieter muss die Selbstkontrolle genauso rechtzeitig und umfassend informieren und konsultieren wie „normale“ Jugendschutzbeauftragte.

Weiterführende Informationen

§ 7 JMStV Jugendschutzbeauftragte

  1. Wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Gleiches gilt für geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, sowie für Anbieter von Suchmaschinen.
  2. Anbieter von Telemedien mit weniger als 50 Mitarbeitern oder nachweislich weniger als zehn Millionen Zugriffen im Monatsdurchschnitt eines Jahres sowie Veranstalter, die nicht bundesweit verbreitetes Fernsehen veranstalten, können auf die Bestellung verzichten, wenn sie sich einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten verpflichten sowie entsprechend Absatz 3 beteiligen und informieren.
  3. Der Jugendschutzbeauftragte ist Ansprechpartner für die Nutzer und berät den Anbieter in Fragen des Jugendschutzes. Er ist vom Anbieter bei Fragen der Herstellung, des Erwerbs, der Planung und der Gestaltung von Angeboten und bei allen Entscheidungen zur Wahrung des Jugendschutzes angemessen und rechtzeitig zu beteiligen und über das jeweilige Angebot vollständig zu informieren. Er kann dem Anbieter eine Beschränkung oder Änderung von Angeboten vorschlagen.
  4. Der Jugendschutzbeauftragte muss die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzen. Er ist in seiner Tätigkeit weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden. Ihm sind die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Er ist unter Fortzahlung seiner Bezüge soweit für seine Aufgaben erforderlich von der Arbeitsleistung freizustellen.
  5. Die Jugendschutzbeauftragten der Anbieter sollen in einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch eintreten.