Stand: Juni 2024

I. Worum geht es?

Bei der jugendschutzrechtlichen Bewertung von Pornografie geht es in vielen Fällen um Bilder oder Videos – seltener aber auch um rein textliche Darstellungen. KI generierte Inhalte oder andere virtuelle Darstellungen fallen ebenfalls darunter. Pornografie fällt nach den deutschen Jugendmedienschutzgesetzen unter „relativ unzulässige Inhalte“ und darf nur Erwachsenen in geschlossenen Benutzergruppen zugänglich sein (§ 4 Abs. 2 JMStV). 

Der Begriff „Pornografie“ ist gesetzlich nicht definiert, es handelt sich dabei also um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der ausgelegt werden muss. Behandelt wird der Begriff im Strafgesetzbuch (StGB) sowie im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).  

In seinem Urteil vom 11. Februar 2014 definierte der Bundesgerichtshof (BGH) Pornografie als Vermittlung sexueller Inhalte, die 

  • ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielt 
  • und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes überschreitet („Darstellung entpersönlichter sexueller Verhaltensweisen, die die geschlechtliche Betätigung von personalen und sozialen Sinnbezügen trennt und den Menschen zum bloßen – auswechselbaren – Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht“) 

(1 StR 485/13, NJW 2014, 1829) 

II. Was bedeutet das für die Praxis?

Was müssen Anbieter beachten? 

Die richtige Beurteilung, ob ein Angebot als pornografisch zu bewerten ist, ist für Inhalteanbieter insbesondere aufgrund des straf- und medienrechtlichen Verbreitungsverbots gegenüber Minderjährigen von Relevanz. Abzugrenzen ist Pornografie hier von Erotikinhalten, welche als lediglich entwicklungsbeeinträchtigend eingestuft werden. Für diese Inhalte gelten andere Verbreitungsbeschränkungen. 

Folgenden Maßstäbe können bei der Beurteilung möglicher pornografischer Inhalte als Orientierungshilfe genutzt werden: 

  • Der Inhalt muss dann als pornografisch gewertet werden, wenn die gesellschaftlichen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschritten sind (Schönke/Schröder, 30. Aufl., § 184 Rn. 8). Diese Einschätzung ist nicht immer einfach und muss stets den gesellschaftlichen Wandel bedingt durch das Kommunikationszeitalter berücksichtigen. Insbesondere ist häufig auch das Grundrecht der Kunstfreiheit zu berücksichtigen, so dass eine Abwägung getroffen werden muss. 
  • Als weiteres Kriterium gilt die Apersonalität des Geschlechtspartners (Erdemir, MMR 2003, 628 (631). Die Darstellung muss also durch eine Verabsolutierung sexuellen Lustgewinns unter gleichzeitiger Entmenschlichung der Sexualität geprägt sein. Pornografie ist folglich anzunehmen, wenn der Mensch im Rahmen der Darstellung zum bloßen, auswechselbaren Objekt sexueller Begierde degradiert wird. In der damit verbundenen Überbewertung von Sexualität und ihrer vollständigen Loslösung von individuellen und emotionalen Begleitumständen liegt die besondere Gefahr für Kinder und Jugendliche, die sich noch in ihrer sexuellen Entwicklung befinden (Erdemir, MMR 2003, 628 (631). 
  • Allein die Darstellung oder textliche Beschreibung des nackten Körpers einschließlich der Genitalien sowie auch sexueller Vorgänge einschließlich des Geschlechtsverkehrs sind nicht per se als pornografisch zu qualifizieren. Die Grenze zur Pornografie ist erst überschritten, wenn der organisch-physiologische Aspekt der Sexualität in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund gerückt wird. Darüber hinaus ist wichtig, dass § 184 Abs. 1 StGB (ebenso wie § 4 Abs. 2 JMStV) nur dann Anwendung findet, wenn das Pornografische den Gesamtcharakter des Werkes bestimmt. Einzelne pornografische Stellen eines Buches, Artikel einer Webseite oder Szenen eines Filmes sind deshalb in der Regel unschädlich, wenn sie die Gesamttendenz des Werkes nicht wesentlich prägen. 

 Um pornografische Inhalte rechtskonform anzubieten, müssen Anbieter in Deutschland mittels sicherer Identifizierung und Authentifizierung prüfen, dass nur Erwachsene auf ihr Angebot zugreifen können. Dafür kann ein Altersverifizierungssystem (AVS) genutzt werden. Die einfache Altersabfrage über ein Pop-up Fenster (bspw. „Ja, ich bin 18 Jahre oder älter“) ist nicht ausreichend. 

Was passiert mit freizugänglicher Pornografie im Netz? 

Bei der FSM-Beschwerdestelle können frei zugängliche pornografische Online-Inhalten gemeldet werden – egal ob sie auf speziellen Websites, in Foren oder in Sozialen Netzwerken zu finden sind. Wenn die Einzelfallprüfung bestätigt, dass es sich um einen relativ unzulässigen Inhalt handelt, kontaktiert die Beschwerdestelle den Anbieter oder Hostprovider. Diese müssen den Inhalt entfernen oder Maßnahmen zur Altersverifizierung ergreifen. 

Werden die Inhalte im Ausland gehostet, kann die FSM bei der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien der Bundeszentrale für Kinder und Jugendmedienschutz (BzKJ) die Indizierung der entsprechenden URL beantragen. Eine Indizierung hat zur Folge, dass das entsprechende Angebot von Jugendschutzprogrammen sowie in den deutschen Angeboten der Suchmaschinen (bspw. www.google.de) nicht mehr auffindbar ist. Zuletzt ging die Landesanstalt für Medien NRW außerdem gerichtlich gegen reichweitenstarke Pornoplattformen vor, die für ihre Angebote keine ausreichenden Jugendschutzmaßnahmen ergriffen haben.  

Medienbildung und -erziehung: Was, wenn Minderjährige dennoch auf Pornografie stoßen? 

Viele Kinder und Jugendliche treffen online mit oder ohne Absicht auf Pornos – sei es auf Sozialen Netzwerken oder durch Links im Gruppenchat. Laut einer Studie der Landesanstalt für Medien NRW von 2023 liegt der Erstkontakt im Durchschnitt bei 13 Jahren. Wenn Kinder und Jugendliche unbeabsichtigt pornografische Fotos oder Videos zu sehen bekommen, kann sie das überfordern und belasten. Die Ergebnisse der JIM-Studie 2023 haben ergeben, dass 23 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland ungewollt mit pornografischen Online-Inhalten konfrontiert wurden. 

Medienbildung zur Aufklärung über den Umgang mit Pornografie online muss neben Maßnahmen zum Schutz eine wichtige Rolle spielen – nur so können Befähigung und Teilhabe im Sinne eines positiven Jugendmedienschutzes gewährleistet werden. Es geht zum einen darum altersgerecht über sexualisierte Online-Inhalte aufzuklären und Strategien zu vermitteln, die junge Menschen bei Konfrontation mit diesen anwenden können. Zum anderen geht es auch darum, das natürliche Interesse und die Neugier Heranwachsender rund um Sexualität anzuerkennen und ihnen Unterstützung in ihrer digitalisierten Lebenswelt zu bieten. In Schule und Familie fällt das Sprechen über Sexualität und Pornografie jedoch nicht immer leicht. Um Kinder und Jugendliche sowie ihre erwachsenen Bezugspersonen in Familie, Schule und Freizeit mit ihren Fragen und Sorgen abzuholen, bieten zahlreiche Akteure der Medienbildung passende Informations- und Aufklärungsangebote, z.B.: 

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